Das ist nun ein Post, den vermutlich Männer nicht lesen wollen. Ich warne euch also vor. Wer doch weiterlesen will, der ist selber schuld.
In meiner Schwangerschaft konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass ich stillen würde. Ich hatte keine abwehrende Haltung dagegen, ich konnte es mir einfach nur nicht vorstellen.
Als ich dann aus der Narkose des Kaiserschnitts erwachte, war die erste Frage: „Wollen sie stillen?“ und bevor ich eine Antwort geben konnte, wurde Johann schon angedockt.
Also gut, dachte ich, probier ich das mal.
Das einzige, was mir von den ersten Tagen im Gedächtnis blieb ist „Aua!“ und „Ich habe kein Leben mehr.“ Meine Milch kam am 5. Tag und bis dahin hatte Johann Hunger. Am 3. Tag wurde er zugefüttert, trotzdem war er immer etwas quengelig.
Danach – und ich gehe nicht ins Detail – gab es Entzündungen und Schmerzen und viele Tränchen. Man liegt ja im Wochenbett wirklich nur im Bett (verrückt, könnte man ja eigentlich vom Namen schon ableiten) und stillt. Ich habe das eine Woche gemacht und wenn mich jemand fragt, dann sage ich: Ich lag eine Ewigkeit im Bett. Denn genau so kam es mir vor. Immer wenn ich aufgestanden bin, hatte Johann Hunger. Immer wenn ich duschen wollte, hatte Johann Hunger. Immer wenn ich was Essen wollte, na, wer hatte da Hunger? Richtig: Johann.
Irgendwann kommt man sich nicht mehr wie eine Frau vor, sondern wie der lebende Kühlschrank seines Sohnes.
Sei´s drum. Auch das wurde besser (Ich habe auch festgestellt, dass ein Schnuller Gold wert ist. Manchmal ist das Saugbedürfnis von den Kleinen so groß und ich bin leider viel zu egoistisch, mich neben dem laufenden Kühlschrank auch noch zum lebenden Schnuller abstempeln zu lassen).
Da ich aber nun keine „Öffentlichkeitsstillerin“ bin (und das nicht, weil ich mich geniere, sondern aus einem anderen Grund, den erläutere ich später), musste eine Lösung her. Ich hätte Johann zufüttern können mit Pre-Nahrung, aber das wollte ich dann auch nicht; sollte er doch lieber Muttermilch bekommen. Und ich war mir auch nicht sicher, ob ich das überhaupt mischen kann.
Also wurde für jeden Anlass abgepumpt: Wenn ich mal ausgehe, unterwegs oder einfach mal ausser Haus bin und das Kind aufeinmal Lust auf ein Häppchen bekommt.
Vorletzten Freitag war ich das erste mal richtig aus. Mit „legalen“ Drogen. Ich habe also ausgerechnet, wie viel Milch ich brauchen würde und sicherheitshalber das doppelte abgepumpt. Dafür habe ich 3 Wochen gebraucht.
Das Ende vom Lied? Ich war nach 2 Stunden wieder zu Hause, weil ich mein Kind vermisst habe. Und ein schlechtes Gewissen, weil ich es dann nicht stillen konnte, hatte ich auch. Merke: Stillen verbindet.
Und obwohl es das natürlichste der Welt ist, habe ich damit ein Problem. Dazu muss man wissen: Fast mein ganzer Freundeskreis besteht aus Männern. Ich bin eher so der Kumpeltyp. Wenn ich vor denen nun die Brüste auspacke und stille, bin ich sicher nicht mehr der Kumpeltyp. Sondern eher die Milchbar. Ob das sein muss? Nein.
Also läuft es so, dass ich entweder Milch mitnehme (totaler Stress wegen Kühlung usw.) oder ich verschwinde eine Stunde zum Stillen und habe dann alle Gespräche verpasst.
In solchen Situationen wünsche ich mir etwas weniger Schamgefühl und meinen Mitmenschen etwas mehr Offenheit. Und ich freue mich dann insgeheim immer auf den Tag in 4 Monaten, wenn der Kleine auch andere Dinge essen wird.
Dann frage ich mich, warum mir dieses „Ich-stille-so-gerne-Gen“ fehlt. Vielleicht hat man es nur mit einer natürlichen Geburt? Ich weiß es nicht.
Denn Fakt ist: Ich stille mein Kind aus einem Grund. Weil es gut für das Kind ist. Weil (wie wir ja alle aus der Milumil-Werbung wissen) Muttermilch ist das Beste für das Kind.
Aber eine Passion habe ich nicht dafür entwickelt. Und dass ich immer diejenige bin, die für das Essen zuständig ist, finde ich auch eher mittelmäßig.
Aber es ist gesund und kostet nichts. Und wenn Milch über ist, schütte ich die auch ins Badewasser: Soll ja super für Baby´s Haut sein (Johann denkt bestimmt, er würde in Schnitzeln baden…mmmmh!)
Und erstaunlicherweise klappt es bei uns ganz gut. Ich habe das wohl meiner fähigen Hebamme zu verdanken, die mir da sehr offen zur Seite stand.
So verkorkst ich mich selber finde, so anstrengend finde ich die Mütter, die sich auf diversen Plattformen NUR und AUSSCHLIESSLICH übers Stillen unterhalten. Also es gibt auch noch andere Themen und wir reden ja auch nicht den ganzen Tag nur übers Essen.
Ja, es ist das natürlichste der Welt. Aber viele Menschen in der heutigen Zeit verbinden Babies mit Fläschchen – der Industrie sei Dank. Und dieses Bild hat sich vielleicht auch in der Generation unserer Eltern und auch der unseren, die viel aus berufstätigen Müttern besteht, gefestigt.
Vor 30 Jahren war es wohl „hipp“ das Fäschchen zu geben, heute wird man schräg angeschaut, wenn man Pre-Nahrung gibt. Aber leider ist stillen auch noch nicht so hipp, dass es öffentlich akzeptiert wird. Ich zumindest sehe nie Mütter auf der Straße stillen und ich persönlich gehöre auch nicht dazu.
Ich war letztens im H&M im Wickelraum stillen und wunderte mich, dass ich nicht von den Müttern, die den Wickelraum gerne als Umkleide benutzen wollte, angeschrien wurde.
Denn es ist in der Stadt schwer, ein ruhiges Plätzchen zu finden. Und selbst mit einem Tuch über der Schulter wird man immer eigenartig angeschaut. Vielleicht sollte es mir egal sein, was andere Menschen von meinen Brüsten halten – aber wenn ich ehrlich bin, möchte ich gar nicht, dass sie sie sehen.
Ich würde mir wünschen, dass WENN man schon das Beste für sein Kind will, es einem auch möglich gemacht werden sollte. Oder zumindest etwas schmackhafter.
Für mich, nicht für Johann. Dem schmeckt´s nämlich.
By Svenja 25. Juli 2013 - 11:38
Als Martha so alt war wie Johann jetzt dachte ich noch genauso, jetzt wo sie auch anderes isst (nein, man stillt dann nicht weniger, zumindest nicht am Anfang) fängt es an, dass ich mir denke, dass ich das stillen vermissen würde. Wie lange ich noch stille weiß ich nicht, ich wollte immer nach 6 Monaten abstillen, jetzt bin ich mir sicher, dass ich das erste Jahr weiter stillen werde (Pre ist ja auch scheiß teuer). Was stillen in der Stadt angeht kann ich die Umkleiden im C&A empfehlen, da ist immer was frei :)
By Kiwi 25. Juli 2013 - 12:21
Hallo Nora,
ich lese deinen Blog schon eine ganze Weile still mit. Ich war mit dir gleichzeitig schwanger und fand es irgendwie schön nicht allein zu sein. Jetzt habe ich eine kleine Tochter, die eine Woche jünger ist als Johann und lese weiterhin sehr gerne deinen Blog. Mit dem Stillen geht es mir ähnlich wie dir, mehr Überzeugung als Passion. Leider mag mein Mädchen (noch) keinen Schnuller, dafür muss immer mein kleiner Finger herhalten.
By Nicola 25. Juli 2013 - 13:57
Oberstes Prinzip: die Mama muss sich wohl fühlen. :)
Meiner eigenen Erfahrung nach macht es keinen Unterschied ob ein Kind per Kaiserschnitt kommt oder „natürlich“. Und das weder im still- noch in sonstigen Aspekt( wie Bindung zb). Denn ich hab beide Varianten selbst erlebt!
Ich hatte zum stillen immer so nen langen breiten Schal dabei und so hat nie jemand was sehen können und das Kind war nicht so abgelenkt. Ich hab aber nie bemerkt, das mich mal jemand doof anguckt. Aber sowas bekomme ich eh nie mit :)
Stillorte muss man am Anfang etwas suchen. Schau mal in der Buchhandlung oder in kinderläden nach. Wickelbereich haben öfters mal noch nen Sessel dabei zum stillen. Da war ich in Fra recht erfolgreich.
Aber richtig genossen hab ich das stillen auch nie. Ich hab’s gern getan, weil’s gut fürs Kind ist. Bei Yara hat es auch nach 4 Monaten aufgehört. Dafür musste ich bei Mika 11 Monate vollstillen, denn er hat nix anderes genommen. Nicht mal Wasser :( bäh das war kein Spaß!
Lass dich nicht stressen und sei froh, dass der kleine auch mal was anderes „isst“ :)
Liebe Grüsse
Nicola
By Claudia 25. Juli 2013 - 18:43
Einfach auf sich und das Kind hören und dazu stehen. Klar, Stillen ist toll, aber es gibt Frauen die können oder wollen nicht. Dann ist es so und die Welt dreht sich weiter. Ich habe meinen Kleinen 4 Monate gestillt und mit 5 Monaten hat er sich selber abgestillt, oder wollte nicht mehr richtig. Das gibts auch und ist ok. Wie Svenja bei sich auf dem Blog so schön beschrieben hat, jeder sollte das tun, was für das Kind und sich am Besten ist.
Ich wurde manchmal richtig angemacht, als ich meinem Sohn mit 3/4 Monate Milchpulver kaufte. In der Apotheke, wohlgemerkt. Aber sie fragten auch nie wieso, sondern gaben mir nur tolle Tipps, die ich noch gaaaaar nie gehört hatte. Das mein Sohn starken Reflux hatte, dass das total anstrengend sein kann, vor allem auch für ihn, danach hat niemand gefragt. Ich wurde einfach immer sofort verurteilt. Aber ich habe auf mein Mutterinstinkt gehört und so traurig ich war nicht mehr so oft zu stillen (obwohl ich am Anfang viele Krisen schob, weil ich manchmal fast nicht mehr konnte), war es der richtige Entscheid für ihn. Er wurde ruhiger, ausgeglichener, konnte mehr schlafen und ja, war einfach zufriedener. Hätt ich jetzt einfach weitergestillt, egal wie es ihm dabei ging…DAS fänd ich schlimm.
Daher, finde deinen Weg und blende die anderen Menschen mit ihren Tipps und Tricks aus. Ausser es sind hilfreiche und ernst gemeinte.
Viel Glück und alles Liebe,
Claudia
By Tina 25. Juli 2013 - 21:15
Hallo Nora,
ich lese schon eine ganze Weile bei Dir mit, habe aber noch nie einen Kommentar verfasst, aber jetzt muss ich doch schnell mal was schreiben ;o)).
Ich habe super gerne gestillt (meine Kinder sind schon 8 und 4), auch sehr lang (ca.14 Monate jeweils), aber auch ich hatte große Probleme mit der Öffentlichkeit.
Irgendwann kam ich auf folgende Lösung: Das Baby liegt ja immer etwas zu tief, wenn man sitzt und es so quer vor sich im Arm liegen hat.
Um es etwas zu erhöhen, habe ich mir ein etwas größeres halbmondförmiges Nackenkissen mit der Biegung an meinen Bauch auf meinen Schoß gelegt und die Kinder darauf in meinen Arm gelegt. Dann ist der Kopf des Babys automatisch vor der Brust und wenn Du es geschickt machst, sieht niemand Deine Brust.
Konnte man das jetzt verstehen??? Schwer zu erklären…
Viele Grüße,
Tina
By Missy 26. Juli 2013 - 17:44
Ich musste mir das Stillen gerade hart erkämpfen (Milchpumpe, Saugvewirrung und Co…) und trotzdem denke ich ähnlich wie du. Ich mache das eben nicht für mich, sondern für Benno.
Und stillen in der Öffentlichkeit kann ich auch noch nicht, ich suche mir gerne eine freie Umkleidekabine. Nur Ikea hat ja so einen tollen abgetrennten raum mit Stillecke.
Oft werde ich leicht panisch, weil der Herr wirklich sehr dramatisch brüllt, sobald er nur den kleinsten Hunger hat.
Es muss einfach für beide passen. Wenn es der Mama gut geht, dann geht es dem Kind auch gut – egal ob Brust oder Flasche. :)
By margareteaudrey 27. Juli 2013 - 10:35
Ich kann dich gut verstehen.
In der Schwangerschaft war ich auch der Meinung, ich muss unbedingt stillen, gut fürs Kidn und so, aber ob das Spaß macht und ich es überall kann, habe ich mich ernsthaft gefragt.
Tja, dann kam die Geburt und irgendwie mein Schamgefühl abhanden.
Jetzt stille ich einfach überall.
Sollen die, die das nicht sehen wollen doch weggucken!
(Wenn ich sehr dicke Menschen Burger&Co essen sehe, finde ich das auch ekelig, aber die müssen sich ja dafür auch nicht aufs Klo verstecken-warum soll dann mein Bengelchen bei Klogeruch essen?)
Tja und mit jedem Mal interessiert es mich weniger, wo ich bin und wer zuschaut und ich fühle mich nicht so ganz als Milchbar, weil ich einfach dabeibleiben kann, wo was los ist.
By Ahuefa 30. Juli 2013 - 11:40
Kaum zu glauben, dass das IMMER noch so ein Thema ist. (grad letztens in der CH in einer gratis Abendzeitung gab es wg so einer Ratgeber-Antwort ne heftige Disskussion auf fb…)
Also, Stillen muss für Mama und Kind stimmen. Ich weiss von einer meiner Schwestern, dass sie nicht stillen will. Aber sie will abpumpen.
Wir hatten damals auch noch vor der Geburt Pumpe und Pulver gekauft, ich wollte zwar noch abwarten. War dann aber doch froh, dass ichs schon daheim hatte, weil Fräulein einfach meine BW kaputt gebissen hat, unabsichtlich, versteht sich :)
Aber es ging eben nicht lange, und schon gar nicht gut. bzw. einfach extrem schmerzhaft. So habe ich bis Ende 3. Monat abgepumpt, das gefüttert und Fläschchen gemacht.
Das war mir irgendwann zu viel Stress. Dann gabs nur noch Pulver. Die Bindung haben wir trotzdem. Gewachsen und sehr gesund ist sie auch.
Jetzt, bei Boy, möcht ich es gern versuchen, weil es mich auch wunder nimmt, wie sich Stillen-Können anfühlt. Wie lange wirs machen, werden wir sehen.
Auf irgendeinem Blog (wars bei Mama Mia?) hab ich von einem Still-Schal gelesen. Sieht aus wie ein grosser Loop, stylisch. Legt man sich beim Stillen über Schulter/Brust/Kind und gut/besser is.
Die Hebi im Spital meinte damals, wir sollen uns bloss nicht auf ne Toilette oder so zurückziehen. Oftmals hat man da ja auch gar keine Stillmöglichkeit. Ausser aufm Klo. Bäh.
Darum blieb ich im Restaurant, manchmal suchte ich mir eine ruhige, freie Ecke, nicht damit WIR niemanden stören, sondern damit wir nicht GESTÖRT WERDEN.
Durchs Abpumpen gewann unsere Familie eine Art Freiheit, GG konnte mit dem Kind weg oder auch ich mal. Auch wenn ich dann nicht wirklich „frei“ hatte, weil ich ja doch regelmässig abpumpen musste. Aber es tat uns gut. Ich glaube, v.a. GG hat es sehr genossen, von mir unabhänig zu sein.
Es muss für dich/euch stimmen. Es gibt zu viele andere Meinungen da draussen.
By Inga 30. Juli 2013 - 16:24
Oh Du sprichst mir aus der Seele! Stillen ist gut; aber das heisst nicht, dass es immer schön ist ;-)
Und ob Kumpeltyp oder nicht – alle Nicht-Stillenden-Menschen schauen irgendwie komisch – egal wie tolerant sich die meisten auch geben. Sehr schöner Post!