Kurz vor meiner Trennung von meinem Exfreund ging es mir nicht besonders gut, ich hatte Schlafstörungen und alles war etwas anstrengend, so dass ich mir professionelle Hilfe geholt habe. Die Schlafprobleme hatte ich relativ schnell im Griff, ich fühle mich sowieso etwas erleichterter, mich nun jemandem öffnen zu können, der ohne Wertigkeit über meine Probleme mit mir sprach. Glücklicherweise hatte ich dann also auch direkt Hilfe, als meine Beziehung in die Brüche ging und ich unter Liebeskummer litt.
„Sie müssen den Schmerz umarmen, wenn sie bereit sind“ war ein gut gemeinter Ratschlag und hat auch in dieser Lebenslage super funktioniert.
So habe ich meinen Liebeskummer ganz fest umarmt, ihn eingeladen bei mir zu sein und ihn eine Weile durch die Welt getragen. Erst auf dem Arm, später auf dem Rücken, als er sich nicht mehr ganz so schrecklich aufgeführt hat.
Ich habe ihn ein paar Leuten vorgestellt und als er nicht mehr getragen werden wollte, da nahm ich ihn an der Hand und ging mit ihm spazieren. An manchen Tagen konnte er selber laufen, so dass ich ganz frei war, an manchen Tagen wurde er wieder sehr anhänglich, da brauchte er wohl noch etwas Hilfe.
Abends habe ich ihn neben mich gelegt, ihm zugehört, bis ich eingeschlafen bin. Er hatte mir viel zu erzählen, auch wirklich sehr viel unsinniges Zeug von Fehlern, die man gemacht hat, Schicksal, richtigem Zeitpunkt, usw.. Unbelehrbar war er, egal was ich ihm sagte, er hat mir immer Widerworte gegeben. Er war wirklich ein sehr anstrengendes Kerlchen.
Ich habe ihn mitgenommen auf die Arbeit, auf den Spielplatz, zu meinen Eltern und Freunden. Und langsam, ganz langsam, gewöhnte ich mich an die Anwesenheit dieses ungebetenen Gastest. Oft dache ich mir „Ist ja schön, dass du da bist, wäre aber auch schön, wenn du gehen würdest.“ Eventuell dachte er das auch über mich, denn nachdem wir so unsere Zeit miteinander verbracht haben, merkte ich, dass er mich gar nicht richtig brauchte. Und ich ihn auch nicht.
Und als er eines Tages mal wieder ohne mich unterwegs war, da traf ich ein besseres Gefühl, was noch ganz klein war. Ich nahm es auf den Arm und drückte es ganz fest. So zart und unschuldig war es und ich habe es sehr genossen, mich darum so richtig zu kümmern.
Ich zeigte ihm meine Welt und sowohl bei meinen Eltern und meinen Freunden, kam das neue Gefühl um ein hundertfaches besser an und wurde bei jeder Gelegenheit auf Höchste verwöhnt und gefüttert so dass es – so mir nichts, dir nichts – ganz schnell, ganz groß wurde. Mein Friede.
Aus Eifersucht versuchte der Liebeskummer mit aller aller Macht, wieder in mein Leben zu treten und hat mich das ein oder andere Mal noch erwischt mit seiner hinterletzten, einfach gestrickten Art erwischt.
Was habe ich dann getan? Um Zwei gleichzeitig wollte ich mich nicht kümmern und auch wenn ich höchstwahrscheinlich in der Lage dazu gewesen wäre, fahre ich höchst ungerne zweigleisig und entschied mich einmal in meinem Leben für den vernünftigen Weg.
Der kleine Friede war wichtiger, ich schaute mit ihm Fernsehen, ging mit ihm stundenlang spazieren, aß mit ihm die besten Gerichte und merkte, dass der Liebeskummer sich zurückzog und nicht mehr an meiner Seite sein wollte. Ich weiß nicht, ob er seine Eifersucht verloren hat, aber was er wollte, konnte ich ihm nicht mehr geben. Und dann beschloss er, zu gehen.
Neulich habe ich ihn noch einmal gesehen, da ging er an der Hand von jemandem anderem. Er scheint nicht aufzugeben, aber so scheint es mit ihm zu sein. Jeder lernt ihn eines Tages kennen und für eine gewisse Zeit kann man ihn nähren und er kann überleben. Man kann ihn umarmen oder wegstoßen, man kann ihn ignorieren oder füttern. Aber er sitzt da und wartet bis ihm die Aufmerksamkeit zugeteilt wird, die er will.
Ich bin froh, dass er da war, man lernt etwas über sich, wenn man seine Gefühle ernst nimmt und sich auf sie einlässt.
Aber noch glücklicher bin ich, dass er sich dazu entschlossen hat, zu gehen.
Denn so richtig haben wir nie zueinander gepasst.