Aurelia – Eine Geburtsgeschichte

Viel, viel, viel zu lange schiebe ich den Artikel vor mir her – warum, weiß ich nicht genau. Die Tage nach der Geburt wollte ich einfach nur eins: mein Kind anschauen, dieses kleine Wunder, dann kam das Verarbeiten, denn wenn man es ganz trocken sieht, war es keine wirklich schöne Geburt.

Der ausgerechnete Geburtstermin war der 11.01.2024, das ich immer belächelt habe, denn ich dachte die ganze Zeit, meine Tochter macht sich viel früher auf den Weg.

Sie dachte anders.

Am 11.01. haben die Ärzte beschlossen, wird auch eingeleitet, ich war eine Risikopatientin, über 40, vorangegangener Kaiserschnitt, da wollte man kein Risiko eingehen – und ich war superfroh, ich wollte schon lange, dass diese Schwangerschaftswehwehchen aufhören, zum Schluss war alles einfach nur noch unerträglich.

Aufgrund des Kaiserschnitts vor 10 Jahren waren aber die Einleitungsmöglichkeiten nicht so groß, es gab nur drei Optionen. Am 11.01. wurden mir dann Nachmittags Dilapan-Stäbchen gelegt, was nicht so schmerzhaft war, wie mir prophezeit wurde. Dann durfte ich mit meinem Freund noch essen gehen, danach musste ich leider die Nacht im Krankenhaus verbringen, mein Freund sollte am nächsten Morgen dann wiederkommen.
Ich habe dann noch einen Film geschaut, in der Hoffnung, dass dieser mich müde machen würde, aber dem war nicht so. Das Bett war ungemütlich, ich hatte furchtbares Heimweh, an Schlaf war eh nicht zu denken, da das Baby so ungünstig lag und ich jede halbe Stunde auf die Toilette musste.
Nachts kamen auch zwei mal die Schwestern um meine Zimmernachbarnin mit Tabletten zu versorgen und um 6.30h war durch den Putztrupp auf dem Gang auch die letzte Hoffnung auf Schlaf in den Morgenstunden geschwunden.

Der Oberarzt kam bei der Visite und erklärte mir, dass eine weitere Möglichkeit zur Einleitung für mich nicht in Frage käme, da ich eine tiefsitzende Plazenta hätte, so blieb mir nur noch „das Gel“ – was aber sofort runtergespielt wurde, da es häufig nicht den gewünschten Effekt erzielte.

Sie wollte damit aber noch warten – und da habe ich direkt eingegriffen. Für mich war Kaiserschnitt eine Option und sogar eine sehr gute – also habe ich gebeten, die Stäbchen sofort zu ziehen und das Gel zu legen, denn mir war klar, ich versuche das alles bis Samstagmorgen, dann wird die Kleine geholt.

Die Ärzte waren auch einverstanden, also wurde mir um 10h das erste mal Gel gelegt und dann sind mein Freund und ich Treppen gelaufen. Mit dem Fahrstuhl in den 6 Stock gefahren, dann runter gelaufen. Gefühlte hundert Male. Wenn ich daran zurückdenke, dann war das einer der schönsten Abschnitte der Geburt. Es hatte was von freudiger Erregung, denn wir beide wussten, ohne Kind geht es nicht mehr nach Hause. Wir haben viel geredet, ein bisschen was gespielt, haben uns das Krankenhaus ganz genau angeschaut und waren guter Dinge.
Nachmittags wurde das zweite mal Gel gelegt und ich musste zwischendurch immer mal wieder ans CTG. Leider war mein CTG immer ganz ruhig und es sah alles nicht nach Fortschritt aus.

Also sind wir weiter gelaufen, waren Essen, haben uns viel bewegt und ich sollte dann abends wieder zum CTG zurück kommen. Mein Freund ist irgendwann im Sitzen in meinem Bett eingeschlafen, auch er hatte eine furchtbare Nacht hinter sich.
Als es Zeit wurde für das CTG wusste ich, dass ich jetzt etwas darauf sehen würde, ich hatte auch bei Johann schon Wehen und diese fingen nun an.
Das CTG bestätigte das, ich hätte vor Freude weinen können. Ich war zu dem Zeitpunkt 29 Stunden im Krankenhaus ohne Schlaf und völlig kaputt.
Nach dem CTG bin ich etwas auf Zimmer um mich auszuruhen und eine Kleinigkeit zu essen, aber lange waren wir nicht da, denn die Wehen wurden so stark, dass wir in den Kreissaal gingen. Ich war höchstmotiviert, mein naives Gemüt sagte, heute Nacht kommt meine Tochter.

Sie dachte anders.

Um 22.30h ist meine Fruchtblase geplatzt, um Mitternacht wurde mir eine Badewanne eingelassen, die ca. für zwei Stunden meine Schmerzen erträglich werden ließ, das war ein tolles Gefühl. Der Kreissaal war ganz neu und ich konnte nachts über Köln schauen, es war ganz still und ich war so gespannt auf die Dinge, die nun kommen sollten.

Aber auch in der Badewanne habe ich mich irgendwann nicht mehr wohl gefühlt, die Wehen kamen schnell und heftig, ich war müde und ich war gespannt, was der Befund sagen würde.

Zwei Zentimeter.

Schon wieder hätte ich weinen können und um mich bei Laune zu halten, wurde mir ein Opiat angeboten. Prima, dachte ich. Versuchen wir es doch mal mit Drogen.

Also kam ich an den Opiat-Tropf, das stellte sich als ganz blöde Idee raus, denn nun dachte ich, ich könne schweben, die Wehen waren aber unverändert, mit dem Gefühl kamen weder Baby noch ich klar, also wurde der Tropf abgenommen und ich bekam eine PDA, wir sollten uns alle etwas ausruhen. Die PDA lag gut, ich konnte mich endlich etwas entspannen und mein Freund etwas schlafen.
Mit der PDA ging alles auch viel einfacher, nach ein paar Stunden war ich bei 3 cm, nach dem Nachspritzen dann bei 7 cm. Die Hebamme sagte, es sähe gut aus, meine Tochter könne vielleicht heute kommen. Das war der Zeitpunkt, an dem alles bergab ging „Vielleicht?“ dieses Wort brachte meine Welt zum einstürzten, ich konnte das unmöglich länger aushalten.

Und dann wurde es schlimm. Es war nun Samstag mittag, ich war seit zwei Tagen wach, müde, gereizt und resigniert. Ich war so verkabelt und hatte so viele Medikamente in mir und habe irgendwann vergessen, warum ich überhaupt da war. Ich habe noch weitere sechs Stunden ausgehalten, dann kippte langsam die Stimmung. Ich hatte nur noch Schmerzen, nun kam hinzu, dass meine Tochter zu lange auf dem Trockenen saß und sie ein Antibiotikum brauchte.

Ich war mittlerweile bei 9 cm und die Hebamme sagte, nun könnte man mal das Pressen üben, was mich wieder etwas motivierte, da ich endlich etwas tun konnte. Es würde, wenn es so weitergeht noch ca. 3–4 h brauchen, sagte sie.

Meine Tochter dachte anders.

Meine Tochter fand keinen Bezug zum Becken, und keiner weiß, warum das passiert ist, aber ich habe Fieber bekommen, was sehr schnell sehr hoch ging. Die Schmerzen waren nun fast nicht mehr zu ertragen.

Meine Tochter hatte wohl auch keine Lust mehr, die Herztöne sackten ab und wir entschieden uns für einen Kaiserschnitt.

Ich bekam also Wehenhemmer, das gleich zwei mal, denn die Wehen hörten nicht auf und ich habe den Kreissaal so zusammengebrüllt, ebenso wie den OP, denn auch beim Legen der Spinalanästhesie waren die Wehen noch nicht vorbei. Das war im Nachhinein das Allerschlimmste an der ganzen Geburt.

Als die Narkose endlich wirkte und die Ärzte schon mit der OP anfingen, wurde mir schlagartig bewusste, dass ich gleich meine Tochter kennenlernen würde.
Als ich den ersten zaghaften Schrei von ihr hörte, war es um mich geschehen.

Man vergisst den Schmerz der Geburt nicht, so wie jeder sagt. Aber man weiß, wofür er da ist.

Ich war selten in meinem Leben so glücklich wie in dem Moment, als ich sie das erste Mal sah.

Also…darf ich vorstellen?
Meine Tochter Aurelia Zelda, geboren am 13.01.2024 um 18.29h mit stolzen 4150g und 54cm.

Wir sind alle verliebt.

xoxo, Nora.

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