Die Internet-Freundin

Hallo Welt!
Ja, ich lebe noch und es geht mir gut :)
Der Grund für die lange Pause ist einfach: Ich muss in 2 Wochen wieder arbeiten gehen und vorher nutze ich intensiv die Zeit als „Urlaub“. Richtig gehört. Ich mache Urlaub im Elternurlaub.

Ich nähe, bastle und verbringe Zeit mit Kaffee trinken, spielen, spazieren und den schönen Dingen des Lebens. Nicht, dass Bloggen nicht auch schön ist, jedoch gönne ich mir hier und da gerne eine Auszeit.

Gestern Abend im Bett habe ich aber darüber nachgedacht, dass ich – so kurz vor Johanns 2. Geburtstag – die Dinge etwas reflektieren möchte. Viele Dinge vergisst man, wenn man sie nicht aufschreibt, viele Dinge habe ich schon vergessen und in 4 Jahren, wenn ich mir das alles noch einmal durchlese möchte ich doch wissen, wie ich mich als junge Mutter gefühlt habe.

Jung – jung ist relativ. Ich bin keine junge Mutter, ich werde 33 und jung bin ich laut Geburtsdatum dementsprechend nicht.
Aber als Johann auf die Welt kam, habe ich mich selber gefühlt wie ein kleines Kind, das völlig überfordert ist.

In den ersten Wochen ist man unsicher wegen allem. Stillen, Wickeln, Zuführen, Wundschutzcreme, impfen und weiß der Geier was.

Durch Instagram habe ich ein paar Mütter kennengelernt und es wurde sogar eine WhatsApp-Gruppe gegründet indem sich die Mütter austauschen konnten. Was am Anfang ganz witzig anfing, steigerte sich relativ schnell zum Konkurrenzkampf. Ich sitze selber kopfschüttelnd vor dem Rechner, wenn ich darüber nachdenke, wie man sich über seine Kinder selber neu definieren kann. Wer stillt länger? Wer gibt mehr Impfungen? Wer füttert am ehesten zu?

Was ist das eigentlich für ein verdammter Mist? Meinungen hat ja bekanntlich jeder – und jeder hat DIE EINZIG RICHTIGE Meinung.
Ja.
Das stimmt.
Für sich selber gilt das auch.

Falls irgend eine junge Mama dies hier liest, gebe ich ihr den Rat sich niemals zu vergleichen. Mit keiner anderen Mutter und vor allem nicht ihr Kind mit einem anderen Kind.

Sucht euch EINE Freundin, die euch guttut. Und im besten Falle nicht im Internet. Eine, die ihr seht und dessen Gefühlsregung ihr sehen könnt, keine die schreibt „Aaw, niedlich, dein Kleiner“ – denn ich habe das Gefühl, solche Sätze werden dort mit Copy-Paste in jeden erdenklichen WhatsApp-Chat oder unter jeder noch so unniedliche Instagrambild geklatscht.

Denn das ist sie nämlich: Die Internet-Freundin. Eine Freundin, die ihr nicht sehen könnt, hören könnt oder die euch nicht in den Arm nehmen kann, virtuell aber immer da ist.

Ich hatte mal eine und war mit ihr nicht unglücklich. Wir haben uns ausgetauscht, sogar ein paar mal getroffen, die Kinder haben „gespielt“ und wir Kaffee getrunken.

Nett war das.

Irgendwann hat man sich so hin und hergeschrieben, die Zeit ging ins Lande und alles war gut.
Bis eines Tages ein paar feindseelige Kommentare kamen auf die Frage (bzw. die Vorbereitung auf die Frage, soweit kam ich gar nicht, denn die sarkastischen Antworten ihrerseits haben mich dann doch etwas erschrocken) ob wir uns nochmal treffen, denn sie war gerade in der Gegend.

Ich weiß bis heute nicht, was passiert ist. Auf Instagram, Facebook, WhatsApp und im wahren Leben wurde ich blockiert, gelöscht und ausradiert.

So schnell kann es gehen.

Facebook Freunde: 178-1 (eigentlich -2, denn um mich so richtig zu treffen, hat ihr Mann mich auch gelöscht).

Bin Ich traurig? Nein.

Aber nachdenklich hat es mich gemacht. Fast 2 Jahre haben wir uns geschrieben, uns Bilder geschickt und dem anderen Kind beim Wachsen zugesehen. Und im Endeffekt war alles eine Mogelpackung.
Und dann, in 1 Minute ist alles vorbei. „Sind sie sicher, dass sie diesen Freund von ihrer Freundesliste entfernen wollen?“ Ein Klick. Vorbei.

Ihr lieben, jungen Mamas da draußen: Denkt nicht, ihr schafft es alleine. Vielleicht könnt ihr es, aber glaubt mir: Es ist schwer. Und doof. Und auch ein bisschen langweilig.

Sucht einander. Lernt euch kennen (im realen Leben). Trinkt literweise Kaffee und esst tonnenweise Kuchen. Geht abends ohne die Kinder einen Wein trinken oder tanzen. Lasst eure Männer zusammen Fußball gucken und trinkt noch mehr Kaffee. Gebt den Kindern einen „Alles-ist-möglich“-Tag und lacht euch über sie kaputt, wenn sie zusammen einfach doppelt so niedlich sind wie alleine.

Ihr braucht euch. Wenn mal euer Kind krank ist, es ist Sonntag und die Fieberzäpchen sind alle. Oder wenn euer Kind chronische Langeweile hat und die Bude zusammen brüllt. Oder wenn ihr einfach nicht mehr könnt und ein liebes Gesicht sehen wollt.

Sucht euch und verbringt Zeit miteinander.
Eure Kinder werden es euch danken, wenn sie ihre Freundin und ihren Freund nicht immer nur auf einem Bild sehen können sondern mal beherzt in die Nase zwicken. Oder umschubsen. Oder den Arm kraulen.

Und eure Kinder werden es euch sicherlich noch mehr danken, wenn ihr nicht ständig nur am Handy sitzt und wartet wie in der Blase, die auftaucht, endlich ein Text steht.

Verschwendet eure Zeit im Schwimmbad. Oder alle zusammen im Kinderzimmer. Verplempert die Zeit im Wald, auf dem Feld, im Garten, im Hof.

Aber verschwende nicht die Zeit deines Kindes für irgendwen, der ohne mit der Wimper zu zucken „Freund löschen“ anklickt.

xoxo, Nora.

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