Tinder die Dritte: Der Freimaurer

Ja, der Titel verrät es schon: Es wird nicht besser. Nach dieser Date-Episode musste ich auch erstmal richtig durchatmen und war den Dating-Apps ab da sehr skeptisch gegenüber.

Aber, wir fangen von vorne an. Zu allererst: Ich habe gelogen. Es ist gar keine Tinder-Geschichte sondern eine Facebook-Single-Geschichte. Aus Spaß (oder völliger Verzweiflung, weil ich am Ende des Tages doch nicht einsam sterbe möchte) habe ich mich in eine Facebook-Single-Gruppe begeben und nach zwei Tagen dort habe ich jemanden gesehen (den ich natürlich vor dem ersten Kontakt einmal völlig durchleuchtet hab, you´ll never know), der mir augenscheinlich ganz gut gefiel. Mein Alter, witzig, attraktiv und hatte eine nicht ganz so schlimme Rechtschreibung (By the way: Gut war sie auch nicht, was hatte er für ein Glück, dass mein Exfreund da die Latte sehr tief gesetzt hat) und laut Facebook Single.

Wir haben drei Tage geschrieben und uns dann, zusammen mit meiner Freundin Kathi, zum Karneval-Feiern verabredet. Ich nehme Kathi jetzt einfach immer direkt mit, macht einiges einfacher. Der Abend war toll, wir hatten super viel Spaß und sind nach gefühlten 150 Kölsch mit dem teuersten Uber der Welt heim gefahren.

Erstes Date: Voller Erfolg.

Zwei Tage später fand hier Sankt Martin statt und besagter Mann war ein selbsternannter Familienmensch (mit Kindern wollte er sich auch höchstens ein paar Monate Zeit lassen) und wollte unbedingt daran teilhaben. Wieso nicht, das könnte auch witzig werden.

Wohl bemerkt war ich mal wieder, wie nennen wir es? Optimistisch naiv.

Wir sind zu einer Freundin gegangen, wir wollten Lagerfeuer und Suppe nach dem Umzug machen. Meine Freundin hatte warmen Aperol zubereitet, etwas, was ich noch nie getrunken hatte, aber super köstlich ist.
Als wir alle eine in der Hand hatten, gab es – warum auch immer – einen Location-Wechsel zu einer Bekannten. Da Libur ja überschaubar ist, haben wir das in einer Minute erledigt.

Meine Bekannte ist ein ganz anderer Typ als ich. Während ich in Jogginghose, einem Dutt und meiner Brille morgens das Kind in die Schule bringe oder abhole, bekommt sie ihr Leben vor 7.ooh morgens meist besser hin und tut genau das, was ich tue, jedoch geschminkt und angezogen. So sieht auch ihr Haus aus. Es gibt Häuser, da fühle ich mich so ein bisschen, wie der nasse Hund, der grade vom Feld kam, wo er sich ausgiebig gewälzt hat.

Dies ist so ein Haus. Und ich bewundere wirklich, wie es immer perfekt wirken kann, auch wenn man mal spontan vorbei kommt.

Während der junge Mann sich in dieser Umgebung äußerst wohl zu fühlen schien, bekamen wir weitere warme alkoholische Getränke. Auch nach Glühwein Nummer zwei wurde es nicht besser mit meinem Unbehagen, allerdings wurden die Gespräche immer eigenartiger. Zuerst wurde dem jungen Mann und meiner Bekannten klar, dass sie sich kannten, er hätte ihr Bad designed (oder so) und seine Ex-Freundin war auf einer Veranstaltung meiner Bekannten.

Ich hörte mir das alles an und die beiden überlegten, woher sie sich NOCH kennen könnten – und erstaunlicherweise war das wirklich noch nicht alles, nein!

Die beiden waren auch auf einer Veranstaltung eines „Speakers“, der Menschen ganz gerne in vier Tier-Kategorien einteilt. Dieser Mensch bringt anderen Menschen bei, wie man potentielle Käufer in Schubladen steckt um sie dort besser zu beeinflussen, ehm ich meine natürlich beraten kann. Diesen Bereich könne man auf alle Lebenslagen anwenden um so besser an sein Ziel zu kommen. Aha. Nice to know.

Ich wusste nun nicht, was all das mit mir zu tun haben soll, war aber auch nicht weiter wichtig, ich habe mich weiter mit Kathi unterhalten, bis ich auf einmal mitbekam, dass meine Bekannte und der junge Mann nun alle am Tisch in diese Kategorien einteilten. Mit einem Ohr hörte ich zu, wie der junge Mann, der die Anwesenden höchstens 30 Minute kannte, dessen Charakter einzuschätzen versuchte. Als er bei mir ankam, hörte sogar Kathi auf zu sprechen und die Diagnose kam schnell und klar: „Die Nora ist ein Wal.“

Vor Schreck ist mir fast der Glühwein durch die Nase gelaufen und ich wünschte mir in dem Moment, ich wäre kein Wal sondern betrunken. Sankt Martin mit Verkäufern am Tisch zu sitzen, die mein Verhalten einschätzen, das war gar nicht das, was ich wollte.

Irgendwann haben wir uns auf den Weg gemacht und im Vorbeigehen sagte meine Bekannte noch zu mir „das ist ein Guter, den kannst du aber nur halten, wenn du dich änderst.“

Ich sag mal so: Mein Selbstwertgefühl wurde grade ganz arg auf die Probe gestellt. Jetzt soll ich mich auch nun ändern; und jetzt wird es interessant, ich solle weniger Wal sondern mehr Hai sein. Ich wollte weder das eine noch das andere sein, ich hasse es, in eine Schublade gesteckt zu werden, in der ich nix zu suchen habe.

Der Abend neigte sich langsam zum Ende und ich würde nun zwei Woche Zeit haben, mich von diesem Desaster zu erholen.

Zwei Wochen, in der der junge Mann morgens auf dem Weg zur Arbeit und abends nach der Arbeit telefonieren wollte. Ich weiß ehrlich gesagt, nicht was das soll. Meine Freundin und ich sind fast acht Jahre befreundet und haben eventuell netto zwei Stunden telefoniert. Ich mag telefonieren nicht besonders gerne und ich fühle mich schrecklich bedrängt, wenn man mich jeden Tag zur gleichen Zeit anruft. Wenn man ehrlich ist, kann ja auch zwischen 19.00h abends und 8.00h morgens nicht viel passieren, ich bin schließlich Mutter Und über das TV-Programm zu reden, das war mir nun zu langweilig.

Was ich allerdings für ein Glück hatte! Denn eigentlich musste ich nie viel reden. Der junge Mann hat 95% des Gespräches geführt, das war ein richtig aggressives Auf-mich-Einreden. Und es war furchtbar. Über das, was er alles schon erreicht hat in seinem Leben, dass er ein Haus gebaut hat, eine eigene Firma hatte, was weiß ich wo überall im Urlaub war, dass er fast mal geheiratet hätte und schon ganz viele Arbeitgeber hatte. Und wie viel er immer für seine Freundinnen getan hat. Natürlich.

Oft hatte ich nach dem Auflegen das Gefühl, dass in seine 39 Jahre mehr Leben gepasst hat als in meine. Natürlich kamen da erste Zweifel an mir auf, ob ich da nicht was übersehe.

Das andere große Thema war seine Ex-Freundin. Sie hat sich von ihm getrennt, weil sie keine Gefühle mehr hatte. Das ist immer traurig, allerdings ein nachvollziehbarer Trennungsgrund. Allerdings nicht für ihn. Ich weiß nicht, bei vielen Gesprächen er mir von ihr erzählte, was sie grade machen würde und dass sie zu viel mit ihrer Mutter und deren Freundinnen unternehmen würde – und irgendwann hat sich mein Verstand (der so langsam reagiert, wie ein Faultier) mal gemeldet. Warum erzählt der mir denn eigentlich, sie hätte es viel besser, wenn sie zu ihm zurück käme? Woher weiß er eigentlich immer, was seine Ex-Freundin aktuell macht? Und wo passe ich in diese Geschichte?
Die Antwort war für mich so amüsant wie einfach: Er wohnte noch mit ihr zusammen.

„Wow, Nora!“, dachte ich und musste mal wieder den Kopf schütteln. „da hast du dir ja den 6er im Lotto gezogen.“

Weil ich aber nicht vorschnell handeln wollte und diese Situation nun aus eigener Erfahrung kenne, habe ich einem weiteren Date eine Chance gegeben. Wir wollten mit meiner Cousine und ihrer Freundin was trinken. Also Meine Cousine, ihre Freundin und ich wollten das. Der junge Herr wollte eigentlich lieber den Abend vorm TV verbringen. Wer meinen Blog ein wenig verfolgt, der weiß, dass ich da absolut allergisch drauf reagiere, wenn jemand zu mir sagt „lass mal vor dem Fernseher chillen.“ Beim Fernsehen kann man sich nicht kennenlernen und wenn man denkt, man ist so kaputt von der Woche, dann soll man um Himmels Willen zu Hause bleiben und alleine fernsehen.

Der Abend verlief dann aber doch ganz „okay“, wir haben eine Pizza bestellt und haben ihm wieder mal zugehört, wie er über sich und die Welt redete.

Plötzlich zeigte er mir ein Bild im Handy und meinte „das Symbol von meinem Verein kennst du bestimmt, oder?“ Wenig interessiert schaute ich mir das Bild an und erwiderte nur „Aber bitte kein Karnevalsverein!“

Es war kein Kanevals-Verein.

Es war das Symbol der Freimaurer.

Wie ich mich richtig dabei fühlte, als ich das erfuhr, kann ich immer noch nicht in Worte fassen. Ich weiß auch bis heute nicht, ob das stimmt oder nicht. Ich weiß aber, dass es in den nächsten 45 Minuten einen Crashkurs über die Freimaurerei gab um abschießend zu hören „Ach so, wegen deiner Frage eben, im Karnevalsverein bin ich auch.“

Alles klar, dachte ich mir.
Bis genau hier hin und nicht weiter.

Dieser Typ, der eh schon unattraktiv geworden war durch sein wahnsinnig egozentrisches Verhalten, verlor jegliche Anziehung. Noch mal jemandem aus so einem Bumsverein nehme ich definitiv nicht.
Das war mir klar, ich wusste ganz genau: Das will ich auf keinen Fall.

Nach ein paar Tagen lief dann der Kontakt aus, was gut und richtig war, ich habe mich auf jeden Fall damit sehr gut gefühlt.

Und mir fällt mal wieder auf, dass ich in diese Welt nicht immer richtig reinpasse. Ich bin ein Wal, ich bin vielleicht auch ein Delfin (aber kein Hai) und vielleicht bin ich auch was verrückt, aber ich bin eins auf jeden Fall: Authentisch.

Ich weiß nicht immer, was ich will, aber ich weiß genau, was ich nicht will: Einen Blender, jemand für die Aussenwirkung, eine hübsche Hülle, die nur über sich reden kann. Ich möchte jemanden, der so ist wie ich. Dem innere Werte wichtiger sind als das Äußere, der mit mir blöd sein kann und auch mal Fünfe grade lassen kann. Ich brauche niemanden, der viel Geld hat oder ein Haus oder ein dickes Auto, ich bevorzuge ganz klar ein großes Herz, Ehrlichkeit und aufrichtiges Interesse am anderen Part.

Aber das, was so einfach klingt, ist schier unmöglich zu finden. Natürlich ist es das, denn alle Menschen in unserem Alter sind anders komisch, jeder auf seine eigene Art und Weise. Die Kunst scheint es zu sein, jemanden mit dem gleichen Knall zu finden, den man selber über die Jahre genährt und gezüchtet hat.

Aber vielleicht, ganz vielleicht, finde ich als blindes (und scheinbar taubes Huhn, eventuell auch einbeinig) mal mein Korn.

Es bleibt spannend.

xoxo, nora.

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