Die strengste Mutter der Welt

Als ich noch keine Kinder hatte, hatte ich eine ganz klare Vorstellung von Kindererziehung. Für mich gab es nur einen Weg: Streng und total organisiert.

Als Johann dann in meinen Arm gelegt wurde, hat diese Einstellung schon ein wenig gewackelt. Ich meine…wer kann denn zu so was niedlichem denn bitte streng sein?

Dass sich meine Einstellung aber um 180 Grad gewendet hat, hat viel mit der Art und Weise meines Sohnes zu tun, mich total um den Finger zu wickeln.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass bei uns kein Tag dem anderen gleicht und manchmal glaube ich, dass das gar nicht so schlimm ist. Trotzdem sollte sich vielleicht etwas ändern. Sei es, das Essen abends immer zur gleichen Zeit zu servieren, das Kind zur gleichen Zeit ins Bett zu stecken (und es auch wirklich in sein Bett zu stecken und nicht zu mit ins große Bett zu nehmen).

Als ich mir letztens darüber ernsthaft Gedanken gemacht habe, ist mir nur eins bewusst geworden, dass Kinder natürlich Regeln brauchen, aber von ihnen auch nicht erschlagen werden sollen. Eine gewisse Regelmäßigkeit gibt es bei uns, ich bin halt nur bei mir selber nicht so streng.

Ich weiß, dass meine antiautoritäre Erziehung Felix oft ein Dorn im Auge ist. Er ist viel strenger und viel konsequenter. Vielleicht ist diese Mischung für Johann genau das richtige.

Johanns Kindheit soll frei und ungezwungen sein. Natürlich darf er nicht machen, was er will, aber er muss auch nichts machen, was er nicht will (außer Zähne Putzen).
Wenn er mal abends nicht ins Bett will, sage ich oft, dass er noch kurz spielen darf. Wenn er nicht zu seiner Freundin gehen will, muss er das auch nicht. Wenn er keinen Hunger hat, muss er seinen Teller nicht leer essen.

Ich warte darauf, dass jemand zu mir sagt „Warte mal ab, mit 5 tanzt der dir auf der Nase rum“ – aber er macht nicht den Anschein, dass er die ganze Hand will, obwohl ich ihm oft den kleinen Finger reiche.

Nachdem ich Frieden mit meiner Einstellung zu der Erziehung meines Sohnes gefunden habe, bin ich wirklich entspannter. Ich habe mich von der Vorstellung verabschiedet, eine Bilderbuchfamilie zu haben, bei der es immer aufgeräumt ist und nach frischen Plätzchen duftet.

Es ist mir auch einfach mitlerweile egal, wenn Besuch kommt und es bei uns so schlimm aussieht. Wenn das Kind zu Hause ist, ist aufräumen ebenso sinnvoll wie Haare fönen im Regen und deshalb gibt es nur einmal die Woche einen Wochenputz und sonst wird alles mehr oder weniger „übersehen“.

Wenn ich Instagram-Bilder bei anderen Mamas denke, dann habe ich mich früher wie die größte Versagerin gefühlt – aber ganz ehrlich – was interessiert mich denn, wie ordentlich es bei anderen ist. Das ist alles nur schöner Schein.

In den letzten zwei Jahren musste ich mich wirklich sehr oft zusammenreißen – ich selber mag das nämlich wirklich nicht, wenn ich mich vor lauter Spielsachen in der ganzen Wohnung so fühle wie beim Hindernis-Parcour beim Schulsport.
Neulich wollte Johann noch 2 Stunden bei seiner Oma bleiben und diese Zeit habe ich dann mal zum dekorieren für Weihnachten und aufräumen genutzt. Als die Wohnung dann warm, sauber und frisch dekoriert war, hatte ich kurz das Gefühl, dass etwas fehlt. Als Johann dann nach Hause kam und erstmal seine Eisenbahn ins Wohnzimmer gebracht hatte und die Züge über die ganze Fläche verteilte, wusste ich es.

Mein Sohn ist sensibel, chaotisch, aufbrausend, himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Mein Sohn ist ein Zwilling. Und auch wenn ich oft denke, er hat nichts von mir, so ist er ein Spiegel von mir. Wie kann ich erwarten, dass mein Kind sich an regeln hält, die ich selber niemals einhalten könnte?

Mein Sohn ist ein kleiner Freigeist und ich möchte, dass das so bleibt. Ich möchte meinen Sohn nicht wirklich beeinflussen, sondern ihn eher bestärken in seinen Stärken und über seine Schwächen hinwegsehen. Ich möchte seine Kindheit nicht bestimmen sondern mit ihm zusammen diesen Weg gehen, ihn begleiten.

Ich bin gespannt, ob dieser Weg der richtige für uns ist. Aber gerade sind wir sehr glücklich mit dem Leben, das wir leben und am Ende des Tages ist das doch das wichtigste :)

xoxo, Nora.

 

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