Mein Jahr 2022 – oder „can we skip to the Good Part?“

Weil ich ein bekennender Fan von Jahresrückblicken bin, schreibe ich dieses Jahr auch mal einen. Und zwar im November. Obwohl noch ein ganzer Monat Zeit ist, mal wieder das Ruder rumzureißen, das ist, was mir die letzten drei Jahre gezeigt haben, nichts ungewöhnliches für mein Leben.

Begonnen hat, wie für den Rest der Menschheit, mein Jahr im Januar.

Emotional mal wieder ein wenig labil, wollte ich an ein sehr schönes Silvester anknüpfen, das vor der großen Pandemie eine der letzten meiner Parties war.

Aber, so, wie es meistens ist, zwei mal hintereinander den gleichen Spaß, das ist eher ungewöhnlich und so war ich um ein Uhr zu Hause, ein wenig enttäuscht, viel zu betrunken und alleine.

Der Januar plätscherte vor sich hin und ich habe dann eine sehr schlechte Entscheidung bezüglich eines Mannes gemacht. Nach so vielen missglückten Tinder-Dates habe ich angefangen mit einem Mann auszugehen, der eine Partnerin hat. Am Anfang war es – zumindest von meiner Seite aus – eher ein Zeitvertreib, wir haben uns gut verstanden, kannten uns schon Jahre, waren ein paar mal tanzen und haben uns immer mal wieder in der Bar getroffen, die wir beide regelmäßig besuchen.

Wie diese Geschichte ausgeht, kann sich hier vielleicht jeder denken, ich dagegen konnte das damals nicht. Mein Herz hat jede Lüge, die mir vorgesetzt wurde, hungrig gegessen und jeden Zweifel mit einer Vehemenz bekämpft, die meine Freunde oft kopfschüttelnd betrachtet haben.

Im Nachhinein gab es zu viele „Red Flags“, die nicht nur Rot waren sondern lichterloh gebrannt haben.

In dieser Zeit hat meine Naivität ein komplett neues Ausmaß genommen, man könnte mein Verhalten eventuell als den Ur-Typ der Naivität betiteln.

Wer auch immer nun in einer Affaire steckt und sich große Hoffnungen macht, dem kann ich sagen:
– Nein, der „letzte“ gemeinsame Urlaub wird nicht der letzte gemeinsame Urlaub sein
– Nein, all die schönen Worte haben nichts mit Dir zu tun sondern dafür, dich ins Bett zu bekommen
– Nein, all die Abende, die er nicht da ist, ist es nicht schrecklich für ihn neben seiner Freundin sondern höchstwahrscheinlich ein Ausruhen von den Lügen, die er Dir Tag für Tag auftischt
– Nein, er wird ihr nie von Dir erzählen, weil er grade das beste aus beiden Welten hat und warum sollte man das aufs Spiel setzen?
– Und NEIN: wenn es rauskommt, wird er niemals zu Dir stehen, denn WENN Du wichtig gewesen wärest, hätte es die oben genannten Punkte nicht gegeben

Meine Affaire war nicht sehr lang, allerdings sehr zerstörend in vielerlei Hinsicht.

 

But…Can we skip to the good part?

Bei all dem Drama fand ich es wahnsinnig erstaunlich, dass ein Mensch, der durch einen verrückten Zufall (ja, kann schon sein, dass es ein Tinder-Zufall war) in mein Leben trat, alles umgekrempelt hat.

Dieser Mann, der sich, obwohl er mich gar nicht kannte, so um mich bemüht hat, dem wollte ich nichts vorspielen, keine falschen Hoffnungen wecken und ihn nicht verletzen. Ich war nicht vergeben, aber frei habe ich mich nicht wirklich gefühlt. Und ich bin kein Freund von Lügen, also habe ich ihm die ganze Geschichte erzählt. Statt eines Kontaktabbruchs kam jedoch die Aussage, dass er sich für soviel Ehrlichkeit bedanke und mich immer noch treffen wollte.

Um das mal genau zu überprüfen, vielleicht endlich mal mit einer gesunden Skepsis – denn ich wollte nicht, dass mich jemand wieder nur ins Bett bekommen wollte – schrieben und schrieben und schrieben und telefonierten wir. Tagelang, nächtelang, wochenlang, monatelang.

Und eines Tages, mehr aus einer Schnapsidee heraus, fragte ich ihn, ob wir uns treffen, einfach so.

Ab diesem Tag überschlugen sich die Erlebnisse in meinem Leben.

Auf der einen Seite hatte ich nun das erste perfekte Date, auf der anderen Seite eine Affaire, die schon fast tot war, denn die Lügen war ich so satt und die Ausreden so überdrüssig.

Also entschied ich mich, ganz untypisch für mich und schon wieder sehr naiv handelnd, für den Neustart. Denn das war das einzige, was sich seit langer Zeit gesund angefühlt hat. Und wohinter ICH als Mensch stehen konnte. Endlich wieder eigene Entscheidungen treffen. Endlich nicht mehr abhängig sein von Dingen, die ich nicht beeinflussen konnte.

Oder, um es besser auszudrücken: Ich entschied mich dafür, weiteren Dates eine Chance zu geben. Und diese Chance wurde genutzt. Und hier ist eine kurze Liste von Dingen, die ich ab Mai erlebt habe.

– Ich hatte einen ersten Kuss im strömenden Regen
– Ich wurde immer nach Hause begleitet ohne je bedrängt zu werden
– Ich habe Nächte durch gequatscht
– Ich bin stundenlang spazieren gegangen
– Ich lag nachts im Feld und habe Sterne angeschaut
– Ich habe Köln wahrgenommen wie den schönsten Urlaubsort der Welt
– Ich bin das erste mal Schlauchboot unter Sternenhimmel gefahren
– Ich bin das erste mal Schlauchboot am Tag gefahren
– Ich hatte mein erstes Lagerfeuer am Rhein
– Ich habe gelernt, dass ich über alles reden kann ohne mich dumm zu fühlen
– Ich war auf Konzerten
– Ich habe gemerkt, dass jeder Tag gefühlt ein Samstag sein kann
– Ich habe nachts Gewitter gelauscht und mich dabei unterhalten

All der Stress, den es vorher gab, war wie verflogen.
Ich habe nicht mehr an eine einfache, tolle Beziehung geglaubt, schon länger nicht mehr.
Eine Beziehung, in der nicht nur ich sondern auch Johann geschätzt wird mit jemandem, der Tiere genauso gerne mag wie ich.
Jemanden, über den ich mich immer freue, ihn zu sehen, jemanden, dessen SMS mein Herz immer noch höher schlagen lassen, jemanden, den ich beim fernsehen anschaue und mich über seine Anwesenheit freue und jemanden, der mich so unverhofft oft so sehr zum lachen bringt, mit dem der Alltag so aufregend wie ein Urlaub ist.
Das alles kam so unerwartet, mit einer solchen Wucht, von allen so abgeschätzt, weil es ja „viel zu schnell ging“.

Mir ist das egal. Denn wenn sich etwas richtig anfühlt, dann gibt es kein „zu schnell“. Mir ist es auch egal, was andere von mir denken. Denn so lange drei Menschen mit dieser Sache glücklich sind, reicht das vollkommen. Und – wie man sich denken kann, ist dieser dritte Mensch kein anderer Mann oder eine andere Frau – sondern mein Sohn.

Für mich war es das schönste Jahr.

Also, 2022: An dir bin ich gewachsen, für dich habe ich mich auch sehr geschämt – aber wenn ich Dich mit einem Satz zusammenfassen müsste würde ich sagen:
Du warst es sowas von wert!

xoxo, Nora.

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