„Denn jetzt bin ich mit glücklich sein an der Reihe. Ich habe es verdammt nochmal verdient.
Ich arbeite wirklich hart daran, dass ich mir diese Aussage auch selber glaube.
Und vielleicht wird doch alles gut…“
So sollte der Beitrag, der eigentlich an dieser Stelle stehen sollte, enden.
Als ich den Artikel das erste Mal posten wollte, sagte Nora, ich solle noch etwas warten. Sie hatte Recht.
Als ich den Artikel ein zweites Mal posten wollte, hat sie sich geweigert. Und sie hatte schon wieder Recht.
Es war ein Beitrag darüber, wie das Licht am Ende des Tunnels erscheint, das die Welt wieder heller erscheinen lässt, das einem Hoffnung schenkt. Die Hoffnung, dass die dunklen Zeiten endlich vorbei sind und nun schönere Momente kommen, dass man endlich glücklich werden kann.
Und das war ich. Sehr glücklich sogar. So glücklich, wie ich nicht geglaubt hatte, je wieder sein zu können.
Und dann kam es anders. Ich hatte jemanden kennen gelernt. Wir haben lange geschrieben bevor wir uns das erste Mal getroffen haben. Und dann haben wir wieder lange geschrieben, bevor wir uns das zweite Mal getroffen haben. Es hat total gut gepasst. Wir haben uns super verstanden und hatten echt viel Spaß zusammen. Egal, was wir gemacht haben. Ob wir durch die Stadt gelaufen sind, von Kneipe zu Kneipe gezogen sind, oder einfach nur auf der Couch gesessen und stundenlang geredet haben.
Ich war so glücklich, dass es jeder sehen konnte. Alle haben mir gesagt, dass ich es ausstrahle. Nach und nach gab es kleine Dämpfer. Es tauchten Dinge und Personen aus der Vergangenheit auf, die teilweise auch unsere gemeinsame Gegenwart infiltriert haben. Und da kamen Stimmen, die mir sagten: “ Kathi, pass auf.“
Ich habe das auch alles gehört und gesehen, aber ich war, und bin mir immer noch, sicher, dass ich den Menschen sehe, der hinter dieser Fassade steckt. Den Menschen, der er sein kann. Wenn er nur will und alles überwindet, was ihn daran hindert. Ich habe alles abgetan mit dem Gedanken „das ist alles nicht so wild, das kriegen wir schon hin.“ Und ich hätte es hin gekriegt. Dabei habe ich aber nicht damit gerechnet, dass mein Gegenüber meine Hilfe vielleicht gar nicht haben will. Dass er nicht damit klar kommt, überhaupt Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Schon gar nicht von der Person, für die eigentlich er sorgen müsste. Also zog er sich immer mehr zurück. Ich habe das wohl gemerkt, habe es aber darauf geschoben, dass er Stress hat, der aber nichts mit mir zu tun haben kann. Denn ich habe ja alles getan,damit es ihm gut geht.
Bis es immer schlimmer wurde. Und irgendwann in einer riesengroßen Lüge geendet hat.
Diese Lüge ist relativ schnell aufgeflogen und mit ihr zusammen bin ich in die Luft geflogen. So wütend und fassungslos war ich in meinem ganzen Leben noch nicht.
Es gab einen sehr hässlichen, sehr lauten Streit. Irgendwann konnte er mir erklären, warum er gelogen hat. Und auch, wenn es absolut keine Rechtfertigung für so etwas gibt, konnte ich es in Teilen nachvollziehen. Verstehen ja, vergeben nicht. Denn keine Wahrheit kann so schlimm sein, wie die Lüge.
Die Lüge ist immer nur der bequeme Ausweg aus einer unbequemen Situation.
Aber auch über diese Sache wollte ich hinweg sehen.
Weil ich ihn wirklich doll geliebt habe. Und weil ich überzeugt davon war, dass wir auch diese Situation überwinden können. Ich habe einfach an unsere gemeinsame Zukunft geglaubt.
Doch dann kam ein Tag, mit dem ich im Leben nicht gerechnet habe. In einem Telefonat sagte er in einem Nebensatz, dass er im Moment wohl nicht bereit für eine Beziehung sei. Ich war sicher, mich verhört zu haben.
Aber in den folgenden Tagen kristallisierte sich immer mehr heraus, dass genau das der springende Punkt war. Denn er war und ist der festen Überzeugung, dass er erst an sich arbeiten muss, um derjenige sein zu können, der er sein muss, um der Verantwortung gerecht werden zu können, die eine Beziehung mit einem Menschen wie mir mitbringt.
Ich habe geheult, geschrien, gebettelt, versucht, zu überzeugen. Aber all das hat ihn nicht von seiner Überzeugung abgebracht.
Und irgendwann habe ich aufgegeben.
Ich bin geflohen, nach Heidelberg, wo niemand außer meiner persönlichen Therapeutin ist, der mich wirklich kennt.
Nach und nach ist mir bewusst geworden, was das alles bedeutet. All die Pläne für die nahe und fernere Zukunft haben sich in Rauch aufgelöst. Auf einmal stehe ich wieder vor dem Nichts. Die Zukunft, eben noch hell und strahlend, liegt auf einmal dunkel vor mir.
Und das Licht am Ende des Tunnels ist kaum mehr zu sehen. Auf einmal bin ich wieder einsam.
Der Vater und ich teilen uns die Kinder mittlerweile 50:50, was bedeutet, dass ich jetzt sieben Tage am Stück nichts zu tun habe. Das ist viel zu viel Zeit, die ich alleine mit mir verbringen muss.
Aber ich will sie nutzen. Ich will mir wieder eine Yoga-Klasse suchen und werde hart daran arbeiten, meine Überzeugung zu vertiefen, dass ich mich nur treiben lassen muss, um dahin zu kommen, wo das Universum mich vorgesehen hat.
Und vor allem daran, nichts zu erzwingen, zu akzeptieren, dass manche Dinge nicht sein sollen. So schrecklich das auch ist.
Aber wer weiß schon, was vorgesehen ist.
Vielleicht kommt das Licht am Ende des Tunnels schneller wieder näher, als man denkt.
Und wenn nicht, pack ich die Taschenlampe aus…
Für immer in guten Gedanken,